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Die Rechtsprechung unterscheidet zwei Zurechnungstatbestände: Die Haftung des Handelnden (= Täterhaftung), die grundsätzlich vermutet wird und vom Anschlussinhaber zu entkräften ist, und die Haftung desjenigen, der die urheberrechtsverletzende Handlung eines Dritten ermöglicht hat (= Störerhaftung). Hierbei haben sich folgende Leitlinien herausgebildet.

Nach der Afterlife-Entscheidung des BGH reicht es nunmehr – jedenfalls in familiären Mehrpersonenhaushalten – aus, zum Vorhandensein von Filesharing-Dateien und entsprechender Software auf den im Zugriff des Anschlussinhabers stehenden Computern vorzutragen und die als Täter tatsächlich in Betracht kommenden Familienmitglieder – unter Schilderung von deren Nutzungsverhalten – konkret zu benennen. Unzumutbar sind indes weitere Nachforschungen durch den Anschlussinhaber, insbesondere die Überwachung der Familienmitglieder oder die Untersuchung von deren Computern. Wenn der Anschlussinhaber aber sicher weiß, wer in der Familie die Urheberrechtsverletzung begangen hat, muss er den Namen offenbaren.

Zwar hat der BGH in der Afterlife-Entscheidung nur über die Konstellation von Ehegatten entschieden. Gleichwohl sind die Grundsätze dieser Entscheidung auf alle im Haushalt lebenden Familienmitglieder anwendbar, welche dem Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG (Ehe und Familie) unterfallen.

Zu berücksichtigen ist bei der Rechtsverteidigung auch eine jüngere Entscheidung des EuGH, in der festgestellt wird, dass ein Geschäftsinhaber, der der Öffentlichkeit kostenlos ein WiFi-Netz zur Verfügung stellt, für Urheberrechtsverletzungen eines Nutzers nicht verantwortlich ist, EuGH, 15.09.2016 – C-484/14 – Mc Fadden.

Die Auswirkungen der EuGH-Rechtsprechungsvorgaben für das deutsche WLAN-Haftungsregime werden unterschiedlich beurteilt. Das LG Mannheim jedenfalls geht davon aus, dass für den Bereich der privaten Internetnutzung bereits die Annahme einer tatsächlichen Vermutung als lebensfremd abzulehnen ist. Insbesondere ist für das Gericht nicht nachvollziehbar, warum eine Privatperson, die ihren Internetanschluss nur einen begrenzten Personenkreis zur Verfügung stellt, schärfer haften soll als der Betreiber eines öffentlichen WLAN-Hotspots, der eine weitaus gefährlichere Handlungsursache setzt, LG Mannheim, 18.01.2017 – U 10 C 1780/16.

Auch das AG Frankenthal, 16.03.2016 – 3a C 299/15 hat grundsätzliche Bedenken hinsichtlich der Annahme der vom BGH aufgestellten Tätervermutung. Insbesondere in Haushalten, in denen mehrere Personen selbständig und unabhängig Zugang zum Internet haben, ist nach Auffassung des Gerichts unverständlich, warum eine tatsächliche Vermutung dafür bestehen soll, dass allein der Anschlussinhaber für die Rechtsverletzung verantwortlich ist, AG Frankenthal, 16.03.2016 – 3a C 299/15.

Unabhängig hiervon ist rein vorsorglich auf der Grundlage der BGH-Entscheidungen im jeweiligen Einzelfall zu prüfen, welche konkreten Anforderungen an das Verteidigungsvorbringen des Anschlussinhabers zu stellen sind. Die Auffassungen der Instanzgerichte zum Umfang dieser Anforderungen sind – in Abhängigkeit von der jeweiligen Fallkonstellation (1-Personen-Haushalt oder Mehrpersonenhaushalt) – höchst unterschiedlich, wobei nach der Afterlife-Entscheidung des BGH nunmehr eine anschlussinhaberfreundliche Rechtsprechung vorherrschend ist. Hier exemplarisch ausgewählte Entscheidungen: